zu „Sogno d’un mattino di primavera“”

Munos „Sogno d’un mattino di primavera“ wird inszeniert vom Hausherrn des Detmolder Landestheaters, Intendant Kay Metzger. Er entwickelt zusammen mit dem für die Ausstattung verantwortlichen Michael Heinrich durch und durch nachvollziehbare Tableaus, die beinahe im Sekundentakt für die sinnliche Erfahrbarkeit dessen sorgen, was auf der Bühne geschieht. Gestik, Mimik, kleine Details und Nebenhandlungen – das ist mit viel Überlegung gemacht und haargenau arrangiert.
Christoph Schulte im Walde, neue musikzeitung, 4/2016

Regie führt Intendant Kay Metzger persönlich. Er verlegt die Handlung aus dem Garten in einen ovalen, fensterlosen Raum mit, bei dem die Natur als monochromes Abbild an den Wänden erscheint - das Innere eines Mausoleums vielleicht, was auf d'Annunzio verweist (dem Mussolini ein solches "spendierte"). Blumen gibt es als Topfpflanzen, blütenlos, denn Isabella kann seit der besagten Nacht kein Rot mehr ertragen. (…) Metzger untersucht die psychoanalytische Dimension des Dramas, und das meint vor allem die kaum versteckte sexuelle Dimension. Es (...) gelingt Metzger gut, mit einer unaufdringlichen, aber genauen Personenregie die Geschichte zu erzählen und auszudeuten, ohne dem Werk zusätzlichen Ballast mitzugeben.
FAZIT: Eine Uraufführung, die der Entdeckung wert ist: Sogno d'un mattino di primavera setzt wenig avantgardistisch, aber doch sehr eindrucksvoll und durchaus eigenständig eine romantische Operntradition mit modernen Mitteln fort.
Stefan Schmöe, Online Musik Magazin

zu „Written on Skin“

Der Regie führende Intendant Kay Metzger erzählt die Dreiecksgeschichte als das, was sie im Kern ist: ein Eifersuchtsdrama. Dass im Mittelalter Bücher von Hand auf Tierhäute geschrieben wurden, denkt Metzger weiter als obsessives Spiel mit Körpereinschreibungen, die der Buchmaler an der analphabetischen Agnès ganz konkret als Tätowierungen vornimmt. Für die fatale Dynamik von Unterdrückung und Abhängigkeit zu erwachender Erotik bis zur Raserei und todesverachtendem Freiheitsdrang findet Metzger eindrückliche, psychologisch präzise Bilder und führt das Protagonisten-Quintett mit großer Stringenz. Insgesamt ein großer Wurf und ein überzeugendes Plädoyer für eine mehrheitsfähige Oper, die für viele Lesarten offen scheint.
Opernwelt, 6/2014

Die Verführungsszene hat der Regisseur voller Leidenschaft, jedoch auch mit dem Gefühl der inneren Distanz brillant inszeniert, wie auch die Begegnung des Protectors mit dem Boy, die trotz der Messerklinge am Hals auch voller knisternder homoerotischer Spannung ist. Mit der sarkastischen Schlusspointe des Befestigens der Erkennungsmarken der Gerichtsmedizin jeweils am großen Zeh der beiden Protagonisten schließt ein großartiger Abend. Die anwesenden Komponisten Aribert Reimann und Manfred Trojahn, wie auch Stockholms Intendantin Birgitta Svendén, die diese Produktion in der kommenden Spielzeit übernehmen wird, werden ebenfalls so viel Freude an diesem Abend gehabt haben wie das restlos begeisterte Publikum.
Das Opernglas 6/2014

Kay Metzger, Intendant des Landestheaters und immer offen für Neues, Unbekanntes, Gewagtes, stellt seine eigene Sicht der Dinge auf George Benjamins Oper zur Diskussion. Eine mutige Entscheidung, die sich als völlig richtig erwiesen hat. Selten stößt in Detmold Musiktheater von heute aus so breite Zustimmung wie diesmal. Detmolds Intendant Kay Metzger höchstpersönlich inszeniert die archaische Story über Macht, Lust und Leidenschaft und verlegt sie in einen Raum, der in seiner eher kühlen Art an den Seziersaal einer Gerichtsmedizin erinnert – oder an den Behandlungsraum einer Klinik, dem sich direkt nebenan eine meterhohe Wand mit Kühlfächern anschließt. An der Rückwand ist eine Projektionsfläche eingelassen, auf der zusammenfassende Inhaltsangaben (statt genauer Übertitel) zu lesen sind, außerdem auch Videos (Martin Kemner), die für die alte Geschichte aus dem 13. Jahrhundert einen Bogen schlagen ins Hier und Jetzt – ein subtil wirkendes Ambiente.
theater pur

Die Bilder von Hölle und Paradies auf Erden werden nicht nur auf Haut, wie der Titel „Written on Skin“ besagt, sondern in die Seelen geschrieben, und was Hölle und Paradies sind, bleibt dialektisch unauflösbar. In Kay Metzgers ungemein fesselnder Inszenierung tätowiert der Junge die Körper, was leicht zu einer Trivialisierung des allzu Offensichtlichen hätte führen können, hielte nicht die Regie souverän Balance zwischen sinnfälliger Verdeutlichung der Handlung einerseits, großen und rätselhaften Bildern, die der Oper ihr Geheimnis lassen, andererseits. Der historisch anmutende Sanatoriumssaal (in dem ein Hausmeister gelangweilt Kreuzworträtsel löst) ist gleichzeitig ein Theater, auf dessen Bühne per Video sehr klug zunächst die Welt von draußen (beginnend mit der Sprengung eines Hochhausblocks), das Weltall, später immer wieder Bilder der Akteure eingespielt werden. Das Zusammenspiel von solchen Bildern (Video-Design: Martin Kemner), der nie ganz greifbaren und doch handfesten Ausstattung (Petra Mollérus) und der sehr genau gearbeiteten Personenregie gelingt ungemein schlüssig. Immer sind mehrere Ebenen präsent und durchdringen sich gegenseitig. Das packende Kriminalspiel rüttelt da an den Grundfesten unseres Weltverständnisses.
Fazit: Musikalisch wie szenisch eine ganz starke, in ihrem Assoziationsreichtum und in der unmittelbaren Wirkung bewegende Produktion dieses sehr sehenswerten Werkes.
Online Musik Magazin

Kay Metzger’s production is a modest affair, simpler and more literal than Mitchell’s multilayered extravagance. His three angles have wings sprouting from white laboratory coats, and they run a morgue that is part mad-house, part theatre of the mind. Martin Kemner’s video projections begin in alarming literalism before morphing into more abstract blurs and cloudscapes. Bakelite fittings and peeling walls imply the shabby 1950s. The protector and his wife sport clothes that could be Mormon or Amish, and recall Grant Wood’s “American Gothic” pitchfork painting. This is a whole new world of visual reference, and it fits well with the social tensions of the piece. With modest means, Detmold keeps a gripping edge on Benjamin’s thriller.
On a small stage and on a limited budget, “Written on Skin” still moves and mesmerizes. It is a tribute to Detmold, and another notch in Georg Benjamin’s belt. The production goes on to Stockholm.
Financial Times, April 28, 2014

Nonetheless Kay Metzger’s stage direction is excellent, sharply conceived and precisely executed. Where Mitchell conveyed the sense of an illuminated manuscript, Metzger concentrates on the psychology, preserving a contemporary setting and swapping – following the title’s hitherto unexplored hint – the illustrator’s quill for a tattoo needle. In partnership with Metzger’s intimate, tightly focused staging, the results are overwhelming.
Financial Times, January 27, 2015


Theaterlust in Ostwestfalen

Detmolds neuer Intendant Kay Metzger kennt sich gut aus mit einem Theater, das geistig und körperlich mobil sein muss. Er hat zuvor das Nordharzer Städtebundtheater in Halberstadt/Quedlinburg geleitet. Er ist Praktiker, der erst die Bedingungen vor Ort genau analysiert und dann überlegt, wie er seinen eigenen Stil prägend ansetzt. (...) Kay Metzger hat keinen radikalen Schnitt gesetzt, sondern will das Ensemble langsam umbauen und Stützen des Hauses weiter beschäftigen. (...) Die Regiehandschrift Kay Metzgers wird in seinen ersten beiden Operninszenierungen bereits deutlich, obwohl die Stücke sehr unterschiedlich sind. Sowohl Umberto Giordanos „André Chenier“ als auch Mozarts „Don Giovanni“ sind spannend und klar erzählte Geschichten mit hintergründiger Ironie. (...) Es ist beeindruckend, was für ein Sänger--ensemble in Detmold versammelt ist. (...) Die Bühnenbilder in Kay Metzgers Inszenierungen sind einfach, aber extrem wandelbar. Für „André Chenier“ hat Michael Engel einen zweistöckigen Raum gebaut, der selbst Theatercharakter hat. Von der Galerie aus verfolgt der Chor die Feier des in Auflösung begriffenen Adelsstandes, das Liebesleid der Protagonisten, das Chaos der französischen Revolution. Im „Don Giovanni“stehen drei verschiedene hohe halbrunde Wände auf einer Drehbühne und setzen sich zu immer neuen Spielorten zusammen. (...) Ganz selbstverständlich oszilliert die Inszenierung zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Durch die unaufdringliche Aktualisierung wird dem Stück nichts genommen, im Gegenteil, es entsteht ein großer Assoziationsreichtum. Gleich zu Beginn steht eine fast nackte, schöne Frau auf der Bühne mit einer venezianischen Karnevalsmaske, wie man sie aus dem Film „Eyes Wide Shut“ kennt, Stanley Kubricks Reise in die Abgründe der erotischen Begierden. Im Kino wird so eine Frau zur Erlösungsfigur für Tom Cruise, auf der Bühne bringt sie Don Giovanni den Tod. Aber auch wenn man die Parallele nicht versteht, vermittelt diese stumme Figur eine eigenartige Atmosphäre des kühlen Begehrens. Sie tauch noch einmal auf, in Don Giovannis Cavantine am Beginn des zweiten Aktes, die er für eine Frau singt, die gar nicht im Stück vorkommt. Da scheint sie plötzlich die Sehnsucht nach dem Unerreichbaren zu verkörpern, nach einer Frau, die dem Verführer nicht gleich willenlos in die Arme fällt. (...) Die Stimmung im Landestheater nach dem „Don Giovanni“ ist zufrieden bis schwärmerisch. Detmold hat ein begeisterungsfähiges Publikum und Abonnenten, die auch unter der Woche nachmittags ins Theater gehen. In dieser Theateroase lässt sich gut arbeiten. Metzger und sein Team werden dafür sorgen, dass die Phantasiequelle nicht versiegt.

Stefan Keim, Die Deutsche Bühne 1/2006

Weltliteratur mit Drehung

Mit schöner Leichtigkeit, dabei geradezu choreografisch ausgefeilt, arrangierte der regieführende Intendant Kay Metzger eine virtuose Typenkomödie. Das brillante Bühnenbild von Petra Mollérus akzentuierte das im Stück mehrfach angesprochene Spiegelmotiv und ließ die handelnden Personen auf stark angeschrägter Spielfläche balancieren, taumeln und purzeln. Mit Spiellust und begabtem Stimmvermögen agierte ein durchweg blutjunges Sängerensemble mit dem großformatig aufprotzenden Tenor Johannes Harten als Chlestakow. Dazu kam der Stadthauptmann, der in der Verkörperung von Andreas Jören in jeder Sekunde närrisch präsent war, und das hochkomische Dick-und-Doof-Frauengespann der mütterlichen Brigitte Bauma und der quirlig-nymphomanischen Tochterfigur Kirsten Höner zu Siederdissen. Der verfinsterte kollektive Schlusstanz lenkte die Darstellung dann auf das Hintergründige des Klebe‘schen Happyends. Ein paar Minuten mehr Musik wären an dieser Stelle denn doch vom Partiturschreiber erwünscht gewesen, ein kühnes Aufreißen der wohlproportionierten Beschränkung, ein Mehr an abgründig ziehendem Blei fürs altersschwerelose Federgewicht.

Hans-Klaus Jungheinrich, Frankfurter Rundschau, 14. April 2008

Der Kontrakt des Oligarchen

Etwas ist anders als sonst. Nicht allein liegen die Rheintöchter dort drunten, auf dem Grund des ruhenden Flusses, sondern als Teil einer Art Jeunesse dorée, die sich müßig dem Tag entgegenräkelt, nicht wissend, welch Ungemach droht. (...) Von Beginn an wohnt der Insznierung von Kay Metzger im Landestheater Detmold (nach der gelungenen „Walküre“ wird damit der zweite „Ring“-Abschnitt gegossen) ein Zauber inne, der obschon er zur harschen Sozialkritik sich wendet, doch die aparte Seite der „Rheingold“-Geschichte und -Partitur nie aus dem Sinn verliert. Es besitzt Charme und Witz, wie Metzger seine Figuren dazu bringt, ihre Gedanken respektive Gefühle abseits des Mystisch-Mythischen ohne Schonung darzulegen. Das Göttiche erscheint hier nur als Zitat, zuweilen gar nur als Parodie. Auch die Idee, das Ganze in die Welt des Absolutismus zu verlegen (Ausstattung: Petra Mollérus), leuchtet ein. (...) Das Glück für den Abend liegt darin, dass Metzger nicht den (leichten) Fehler begeht, dies in moralischer Manier zu offerieren. Er schaut den Menschen, zuweilen auch leicht amüsiert, bei ihrem Tun zu, kehrt ihr Innerstes nach außen, wo es im Licht der Anschauung mal glitzert und mal nicht. Das Böse existiert ebenso wenig oder viel wie das Gute; beides brodelt subkutan und drängt manchmal an die Oberfläche. Nur die Rheintöchter haben davon wenig. Als die Götter über einen Steg hinauf zur Burg schreiten, bildet das Trio, als Teil der nun geknechteten Schar der Schönen, den Brückenpfeiler.

Jürgen Otten Opernwelt 7/2008

Wenn Fafner anruft

Kay Metzgers „Ring“-Konzeption lässt sich als eine Geschichte der Macht beschreiben, festgemacht an historischen Wendepunkten: „Das „Rheingold“ spielt zur Zeit der französischen Revolution – Bürger Alberich stürzt das „Ancien Régime“ der Götter. Der erster Weltkrieg markiert in der „Walküre“ den Übergang zur Moderne. „Siegfried“ ist nun im Jahr 1968 angekommen und thematisiert das Aufbegehren der Jugend gegen die Generation der Väter (...). Kay Metzgers Gesamtkonzeption mit ihrer großen historischen Perspektive ist durchaus originell und zeitigt auch ganz neue Bilder, so etwa seine Darstellung des Fafners als wohlstandverwahrlosten Besitzbürger: Im properen Einfamilienhäuschen hütet er seinen Besitz, die Kommunikation mit der Außenwelt läuft übers Telefon, Störenfriede erwartet ein unter der Bettdecke verborgenes Maschinengewehr.

Ingo Dorfmüller Opernwelt 5/2009

Der Ring, der rollt

In Detmold ist tatsächlich ein Ensemble zu bestaunen, dem das Zwei-Ränge-Haus akustisch wie angegossen passt. Mit Erich Wächter dirigiert ein Wagner-Spezialist, der den „Ring“ (Lessing-Fassung für 60 Musiker) schlüssig und flüssig in Gang bekommt, wie der Verfasser es jahrelang nicht erlebte. Selbst die Inszenierung mistet durch kammerspielhafte Dichte und magritteske Surrealität den „Ring“-Stall vorzüglich aus. An die Stelle mythischer Allgewalt tritt eine „Ring“-Parabel von erzählerischer Direktheit. Ein Glücksfall in jedem Punkt. (…) Wer glaubt, „Ring“-Aufführungen in der Provinz seien ein Luxus jüngerer Vergangenheit, irrt mithin. Auch Metzger, geboren 1960 in Kiel, kann als Everding-Schüler über Coburg und das Nordharzer Städtebundtheater im Jahr 2005 nach Detmold. Der „Ring“-Ruhm, wie man oft vergisst, ging nicht von den Metropolen aus (jeder Bayreuth-Besucher weiß es). Die Vielzahl kleiner Wagner-Vereine zeugt heute noch vom Weg Wagners durch die Wüste.